Konzeption

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Konzept des Guten Grundes im Pflege- und Adoptivkinderwesen 
Beratungskonzept nach Oliver Hardenberg (2004, 2008, 2018)
Mit diesem Beratungskonzept soll hinter den besonderen Reaktionen eines Pflegekindes das aufgrund der Biografie Verstehbare erforscht und im Umgang berücksichtigt werden.
Spezielle Verhaltensauffälligkeiten und emotionale Reaktionen eines Pflege- und Adoptivkindes im zwischenmenschlichen Alltag weisen aus Sicht des Kindes auf einen verständlichen "Guten Grund" hin und stehen vielfach in Zusammenhang mit den Erfahrungen in der Herkunftssozialisation. Sie werden in der Regel in spezifischen Situationen im Hier und Jetzt wieder reaktiviert. Diesen Prozess gilt es genau zu verstehen und auf dieser Basis zu handeln sowie erklärend, annehmend und steuernd mit dem Kind zu kommunizieren. 

In der Regel dienen diese auffälligen Reaktionen des Kindes seiner psychischen Stabilisierung bzw. der Angstabwehr angesichts verinnerlichter Ohnmacht und Hilflosigkeit mit starkem Misstrauen. 

Insbesondere bei traumatisierten oder schwer bindungs- und beziehungsgestörten Pflege- und Adoptivkindern können die psychischen Auffälligkeiten in der Familie einen Verarbeitungsprozess mit korrigierenden Erfahrungen in Gang bringen. Dieser Verlauf stellt dann einen vom Kind eingeleiteten Selbstheilungsprozess dar. 

Vielfach ist die Verhaltensauffälligkeit die Schutzstrategie des Kindes aus der Zeit, in der es geschädigt wurde. 

Typische Verhaltensauffälligkeiten: Schmerzunempfindlichkeit, Essen stopfen oder verweigern, Schlafstörungen und nächtliche große Ängste, stark bestimmendes und kontrollierendes Verhalten, heftige Aggressionsdurchbrüche, Dissoziationen, Autoaggressionen, stark überangepasstes Verhalten, systematisches Zerstören schöner Situationen, Inszenierungen, auffälliges Lügen, Phantasieren, Stehlen, auffällige Spielinhalte mit Vernichtung und Untergang, Größenphantasien, massive Kränkbarkeit, Traumabilder, Pseudoautonomie, Verlassenheitspanik u.a.

Typische Fragen im „Beratungskonzept des Guten Grundes“: Was ist verstehbar an dem Auffälligen, was ist richtig an dem Falschen? Warum jetzt? Wie gehen wir damit um?

Dieses Beratungskonzept ist analog auch für stationär untergebrachte Kinder und Jugendliche anwendbar.  


Vgl. Vortrag „Notwendige Integrations- und Gesundungsbedingungen für traumatisierte Kinder in Pflegefamilien“, 2004, Fachtagung PFAD Landesverband Schleswig-Holstein e.V. / Stiftung zum Wohl des Pflegekindes am 01.11.2004, Kiel
Vgl. Aufsatz „Konsequenzen für die Pflegeeltern – Übertragung traumatischer Bindungs- und Beziehungserfahrungen in die Pflegefamilie.", in: „Bindung und Trauma – Konsequenzen in der Arbeit für Pflegekinder“, Idstein 2006, Stiftung Pflegekind
Vgl. Vortrag „Wie erlebt das Pflegekind die Pflegefamilie?“, 24. Tag des Kindeswohls, 16.04.2018, Holzminden, „Was brauchen Pflegekinder? Alltag, Erfordernisse und Perspektiven“


Von zentraler Bedeutung für unsere  Bera-tungen sind die von Monika Nienstedt und Arnim Westermann beschriebenen Integra-tionsphasen (2007. Pflegekinder und ihre Entwicklungschancen nach frühen traumatischen Erfahrungen. Klett Cotta)

Für das Verständnis kindlicher Ängste und Angstabwehrstrategien beziehen wir uns auf die Arbeiten von Anna Freud (2016. Wege und Irrwege in der Kinderentwicklung. Klett-Cotta)
Die Forschung Paulina Kernbergs unterstützt uns in der Beratung von Kindern und Jugendlichen mit schwierigen Persönlichkeitsentwicklungen (Kernberg, P./ Weiner, A./ Bardenstein, K. 2001. Persönlichkeitsstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Klett-Cotta).
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